Regina Stark steht vor einer düsteren Kleinstadt. Am Himmel zeichnet sich ein Regenbogen ab. Auf der Straße befinen sich gestapelte Sandsäcke.

Der Weg zum kommunalen Starkregen­risiko­management

Wie kann kommunales Starkregenrisikomanagement gelingen? Das Modellprojekt an der Glems hat es vorgemacht. Seinem Beispiel folgend zeigt Regina Stark, wie der Leitfaden „Kommunales Starkregen­risiko­management in Baden-Württemberg“ wirksam in die Praxis umgesetzt werden kann.

Kommunen und Ingenieur­büros erhalten nicht nur einen Überblick über die wichtigsten Schritte der Umsetzung. Darüber hinaus geben Arbeits­materialien zu den Themen­feldern Risikoanalyse, Handlungs­konzept, Bau­maßnahmen, Hochwasseralarm- und Einsatzplan sowie Öffentlichkeits­arbeit wertvolle Hilfen an die Hand.

Für Einsteiger und Fortgeschrittene gleichermaßen geeignet. Probieren Sie es selbst!

Ein nachtschwarzer Himmel wird von einem Blitz erleuchtet. Der nächtliche Starkregen trifft die Kommunen in einem Tal nahe Stuttgart besonders hart.
Regina Stark, die Abteilungsleiterin für Umwelt und Grünflächen, betrachtet fassungslos das Ausmaß der Starkregen-Katastrophe.
Regina Stark und Bürgermeister Schulz beschließen, Mittel und Wege zu finden, um ein solches Starkregen-Unglück künftig zu vermeiden.
Regina Stark in nachdenklicher Pose. Hinter ihr befindet sich ein Konferenztisch.

Schritt 1: Reginas Aufgabe

Regina Stark und Bürgermeister Schulz laden die Hausspitzen aller betroffenen Kommunen zu einem runden Tisch ein. Mit dabei sind: Frau König vom Regierungspräsidium, Herr Nass von der unteren Wasserbehörde und Herr Beck vom Ingenieurbüro Fluctulead. Dieses plant gerade ein kleines Rückhaltebecken im Tal.

Herr Nass und Herr Beck erklären, wie Starkregenschäden reduziert oder sogar verhindert werden können. Die Basis dafür sind Starkregengefahrenkarten. Diese zeigen nicht nur, welche Bereiche wie stark überflutet werden können. Sie zeigen außerdem, mit welcher Geschwindigkeit das Wasser abfließt.

Die Runde hält das Vorgehen für sinnvoll und Regina ist restlos überzeugt. Sie möchte dafür sorgen, dass Starkregengefahrenkarten für das gesamte Einzugsgebiet erstellt werden. Damit alles reibungslos funktioniert, sollen auch die Ordnungsämter und andere Fachbereiche von Anfang an am Projekt beteiligt werden.

Regina Stark hält einen Stift. Hinter ihr befinden sich einige Akten.

Schritt 2: Der Förderantrag

Lassen Kommunen Starkregengefahrenkarten anfertigen, übernimmt das Land Baden-Württemberg 70 Prozent der Kosten. Und zwar dann, wenn der Prozess der Methodik des Leitfadens "Kommunales Starkregenrisikomanagement in Baden-Württemberg" folgt.

Regina Stark füllt daher den Förderantrag "Antrag auf Gewährung einer Zuwendung nach FrWw" aus. Sie reicht ihn bei der unteren Wasserbehörde zur Prüfung und anschließenden Weiterleitung an das zuständige Regierungspräsidium ein.

Regina Stark betrachtet ein digitales Geländemodell an einem Bildschirm. Dahinter die Ingenieure Frau Fuchs und Herr Klever.

Schritt 3: Die Starkregen­gefahrenkarten

Jetzt ist fundiertes Know-How gefragt. In der Referenzliste der LUBW wird Regina Stark fündig: Hier sind alle Ingenieurbüros verzeichnet, die eine Starkregengefahrenkarte erstellen können. Nachdem sie ein paar Vergleichsangebote eingeholt und geprüft hat, legt sie sie zur Entscheidung vor.

Die Wahl fällt auf das Ingenieurbüro Fuchs & Klever GbR. Mit den beiden Diplom-Geographen, Frau Fuchs und Herr Klever, trifft sich Regina für die Startbesprechung. Auch Herr Nass ist mit von der Partie. Er vertritt die beiden unteren Wasserbehörden, die für die betroffenen Kommunen zuständig sind.

Gemeinsam stimmen sie die Rahmenbedingungen und die spezifische Situation jeder Gemeinde ab. Danach beginnt das Ingenieurbüro, die Starkregengefahrenkarten zu berechnen: Jeweils eine für die drei Szenarien selten, außergewöhnlich und extrem.

Regina Stark präsentiert eine Starkregengefahrenkarte.

Schritt 4: Die Risikoanalyse

Sechs Monate später ist es soweit: Regina Stark legt Herrn Nass die Entwürfe der Starkregengefahrenkarten vor. Nach eingehender Prüfung gibt er sie frei.

Sogleich lädt sie die Bau- und Tiefbauämter sowie Vertreterinnen und Vertreter des Krisenmanagements aller Kommunen zu einem Risikoworkshop ein. Ihre Aufgabe: Objekte und Bereiche identifizieren, die laut Starkregengefahrenkarte besonders gefährdet sind.

Doch wie plausibel sind diese Angaben? Die Anwesenden vergleichen sie mit den Erfahrungen, die sie vor Ort gemacht haben. Für jedes ihrer Risikoobjekte füllen sie einen Steckbrief aus. Dort notieren sie, wie sie es vor den Fluten schützen möchten.

Die Maßnahmen fassen sie in einem Handlungskonzept zusammen. Hier halten sie auch fest, wie sie die Öffentlichkeit informieren, Risikobereiche bei der Flächennutzung und Bebauung berücksichtigen, einen Hochwasseralarm- und Einsatzplan ausarbeiten wollen.

Außerdem erhalten die Stadtplanungs- und Bauämter Handlungshilfen für Baugenehmigungen, die Bauleitplanung und die Gewässerunterhaltung.

Regina Stark spricht mit Bürgermeister Schulz. Neben Regina befinden sich mehrere Bündel Geldscheine.

Schritt 5: Grünes Licht

Regina Stark übergibt sämtliche Daten und Unterlagen an Herrn Nass von der unteren Wasserbehörde, der sie prüft. Dazu gehören: Starkregengefahrenkarten, Risikosteckbriefe, Handlungskonzepte, Rechnungen.

Da er nichts zu beanstanden hat, gibt er Frau König vom Regierungspräsidium grünes Licht. Zur Freude aller Kommunen veranlasst sie, dass die volle Fördersumme ausgezahlt wird.

Regina Stark mit Herrn Schreiber aus der Abteilung für Presse und Öffentlichkeitsarbeit. Zwischen ihnen ist eine Zeitung und Smartphone abgebildet.

Schritt 6: Die Öffentlichkeits­arbeit

Wie können Bürgerinnen und Bürger erfahren, ob sie im Risikogebiet leben oder nicht? Dafür ist Herr Schreiber aus der Abteilung für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Regina stimmt sich mit ihm ab. Ihr ist wichtig, dass auch Unternehmen und Gewerbetreibende auf das Thema aufmerksam werden. Denn: Das Schadenspotenzial ist beträchtlich.

Am Ende des Tages haben sie einen durchdachten Maßnahmenkatalog für die Informationsvorsorge beisammen: Social-Media-Kanäle sollen stärker genutzt, Artikel auf der Gemeinde-Website und im Amtsblatt veröffentlicht werden. Außerdem soll es Pressemittelungen für die Regionalzeitungen geben. Wann genau was durchgeführt wird, steht in einem Redaktionsplan.

In besonders gefährdeten Stadtteilen möchten Regina und Herr Schreiber zudem Hochwassermarken anbringen. Im Rathaus ist eine Dauerausstellung geplant. In der Festhalle sollen Infoveranstaltungen und Unternehmertage stattfinden - und zwar regelmäßig. Bei dieser Gelegenheit möchten sie eine Befragung der Bürgerinnen und Bürger durchführen und herausfinden, wie wirksam die getroffenen Maßnahmen sind.

Regina Stark mit Herrn Maurer vom Tiefbauamt. Zwischen ihnen ist ein Betonmischer abgebildet.

Schritt 7: Die Baumaßnahmen

Wie kann verhindert werden, dass Hochwasser Risikoobjekte flutet? Um dieses Problem zu lösen, trifft sich Regina Stark mit Herrn Maurer vom Tiefbauamt. Sie beschließen eine ganze Reihe von Baumaßnahmen: So sollen die Einfahrten der städtischen Tiefgaragen nachgerüstet werden - und zwar durch ausfahrbare Schotts.

Der Kindergarten in der Schillerstraße bekommt eine 1,50 Meter hohe Schutzmauer. Ebenso das Pflegeheim in der Mörike- und die Grundschule in der Liststraße. Entlang der Bahnhof-, Schloss- und Wilhelmstraße werden Leitstrukturen angebracht und in der Freifläche südöstlich der Lindenstraße ein Rückhalteraum geschaffen.

Rückhaltebecken
Mobile Becken dienen der Rückhaltung von überschüssigem Wasser.
© IST Metz
Hochwasserrueckhaltebecken
Durch künstlich angelegte Becken können größere Mengen Wasser gespeichert werden. Das Foto zeigt das Hochwasserrückhaltebecken in Grossbottwar.
© xxdesignpartner
Kindergarten_Ditzingen
In Korntal-Münchingen wird das überschüssige Wasser in zwei große Rückhaltebecken geleitet.
© Stadt Korntal-Münchingen
Kindergarten Ditzingen
Das Starkregenereignis 2010 verursachte beim Kindergarten in Ditzingen einen Schaden von einer Million Euro. Der Bau einer 60 Zentimeter hohen Mauer aus Naturstein soll künftig als Schutzbarriere dienen. Die Kosten für die gesamte Geländemodellierung betrugen 88 000 Euro.
© Stadt Ditzingen
Einlaufbauwerk_Raeuschelbach_SCH
Am Räuschelbach in Schwieberdingen leitet ein Einlaufbauwerk die Wasserfluten in die vorhandene Verdolung hinein.
© Gemeinde Schwieberdingen
Karte Korntal-Münchingen
Im Bereich der Konrad-Kocher-Schule in Ditzingen wurden ein Dutzend Maßnahmen umgesetzt. Unmittelbar an den Gebäuden sorgen beispielsweise Belagsveränderungen und Leiteinrichtungen für den Schutz der Gebäude.
© Stadt Ditzingen
Glemsaue_Ditzingen
Durch das Starkregenereignis 2010 entstand am Gymnasium in der Glemsaue ein Schaden von 3,5 Millionen Euro. Mit Hilfe eines Erdschutzwalls soll das Regenwasser bei künftigen Ereignissen von der Schule weggeleitet werden. Die Kosten dieser und weiterer Maßnahmen am Gelände betrugen 146 000 Euro.
© Stadt Ditzingen
Warmbronn
Durch die Schaffung von Retentionsräumen kann überschüssiges Wasser aufgenommen und Schäden in den unterhalb liegenden Siedlungsgebieten verhindert werden. Geplant und umgesetzt wurde diese Maßnahme in Leonberg-Warmbronn im Rahmen des KliStaR-Projektes (2016).
© Stadt Leonberg
Regina Stark und Frau Gründfeld vom Stadtplanungsamt. Zwischen ihnen ist ein Bebauungs- und Flächennutzungsplan abgebildet.

Schritt 8: Die Bauleitplanung

Wasser braucht Raum. Nur dann kann es abfließen, ohne viel Schaden anzurichten. Regina Stark und Frau Grünfeld, die Leiterin des Stadtplanungsamts, greifen daher zu den Bebauungs- und Flächennutzungsplänen. Sie vergleichen sie mit den Starkregenrisikokarten: Welche Gebiete sind potenziell gefährdet?

Es stellt sich heraus, dass ein geplantes Wohnbauprojekt mitten im Überschwemmungsgebiet liegen würde. Sofort verständigt Frau Grünfeld den Bauherrn und die Planerinnen. So können sie die Pläne noch rechtzeitig anpassen.

Regina Stark mit Herrn Polisario von Ortspolizeibehörde und Herrn Brandtner von der Feuerwehr.

Schritt 9: Der Alarm- und Einsatzplan

Feuerwehr und Polizei müssen wissen: Wer hat was zu tun? Im Krisenfall ist das entscheidend, denn die Zeit drängt. Zuständigkeiten müssen daher schon im Vorfeld klar definiert sein und Aufgaben koordiniert werden.

Regina Stark organisiert einen Workshop mit Herrn Polisario, dem Leiter der Ortspolizeibehörde, und Herrn Brandtner, dem Kommandanten der freiwilligen Feuerwehr. Auch deren Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Kommunen sind mit von der Partie. Und nicht zu vergessen die zuständigen Rettungsdienste und Landespolizeidienststellen.

Ihr Ziel: ein kommunaler und interkommunaler Alarm- und Einsatzplan. Hierfür brauchen sie auch das Flutinformations- und Warnsystem FLIWAS 3.

Regina Stark in nachdenklicher Pose. Hinter ihr befindet sich ein Konferenztisch.

Fast geschafft!

Nun ist es fast geschafft. Das Handlungskonzept ist fertig und von den Mitgliedern des Gemeinderates bestätigt. Damit die Maßnahmen auch langfristig greifen, möchte Regina Stark sie im Verwaltungsvollzug verankern.

In einer Checkliste hält sie fest, was dazu notwendig ist: Zum Beispiel müssen die Kommunen ihre Alarm- und Einsatzpläne regelmäßig aktualisieren. Verringern Baumaßnahmen das Starkregenrisiko, sind die Gefahrenkarten dahingehend anzupassen. Auch soll immer wieder nachgefragt werden, wie es mit der Umsetzung der Handlungshilfen und Redaktionspläne klappt. Auf diese Weise werden alle Hilfsmittel stetig verbessert und aktuell gehalten.

Zum Abschluss organisiert Regina nochmals ein Treffen aller Kommunen im Einzugsgebiet. Sie vereinbaren, bald eine Hochwasserübung durchzuführen. Dabei soll geprüft werden, ob der interkommunale Alarm- und Einsatzplan funktioniert. Auch in Zukunft wollen sich die Kommunen einmal jährlich treffen, um ihre Erfahrungen auszutauschen.

Ein schwarzen Himmel wird von einem Blitz erleuchtet. Durch das gute Starkregenrisikomanagement entstehen in dieser Nacht nur geringe Schäden.
Regina Stark lächelt zufrieden. Die Kleinstadt im Hintergrund hat den Starkregen gut überstanden. Auf der Straße stapeln sich Sandsäcke.
Regina Stark spricht mit Bürgermeister Schulz. Aus Dankbarkeit überreicht er ihr die Ehrenmedaille der Stadt.